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Friedrich Schiller Maria Stuart Premiere: 7. Dezember 2017
Theater in der Josefstadt
Regie und Fassung: Günter Krämer
Bühnenbild: Herbert Schäfer
Kostüme: Isabel Glathar
Choreografie: Otto Pichler
Dramaturgie: Herbert Schäfer
Licht: Emmerich Steigberger
Elisabeth, Königin von England: Sandra Cervik
Maria Stuart, Königin von Schottland: Elisabeth Rath
Robert Dudley, Graf von Leicester: Tonio Arango
Wilhelm Davidson, Staatssekretär: Roman Schmelzer
Mortimer Raphael von Bargen
Graf Aubespine, französischer Gesandter: Florian Carove
Soldat/Wache: Karel Ensing, Peter Hübelbauer, Johannes Kemetter, Gerhard Ortar, Jörg Reifmesser, Manuel Waitz, Max Wenning
Das Verhältnis von Macht und Moral, die Vermischung von Liebe und politischer Intrige, blutige Geschäfte – dieses Schlachtfeld von Politik, Religion und Erotik scheint auch nach Jahrhunderten nichts von seiner Brisanz verloren zu haben. Aus einer tiefen Skepsis gegenüber der Möglichkeit moralischen politischen Handelns entwarf Schiller diesen zeitlos aktuellen Polit-Thriller, in dessen hochpolitischen Konflikt sich Privatismen, Begehren, das Ringen um Anerkennung und Machthunger mischen und die fragwürdige Fähigkeit des Menschen zu Macht und Gerechtigkeit jenseits persönlicher Eitelkeit. Zwei Frauen, die eine in wirklicher Gefangenschaft, die andere in der Gefangenschaft, abhängig sein zu müssen von der Meinung ihres Volkes. Maria Stuart, Königin von Schottland, beschuldigt des Ehebruchs, des Mords, des Hochverrats, als Schutzsuchende nach England geflohen, dort nach einem zweifelhaften Prozess zum Tode verurteilt, lebt seit neunzehn Jahren in englischer Gefängnishaft, zwischen Hoffnung auf Rettung und Gnade durch Elisabeth, die mächtige englische Königin, ähnlich vereinsamt wie Maria, und am Abgrund zwischen Gefühl und Staatsräson, zwischen menschlicher Verletzlichkeit und Härte der Politik. Dem brüllenden Volk nachgeben und durch Gewalt Stärke beweisen? Die eigene Verwandte hinrichten lassen, um den Thron nicht zu gefährden? Ihre Berater: Getrieben von politischem Kalkül, dem Bemühen, durch intrigantes Spiel, in das sich sexuelles Begehren mischt, den eigenen Einfluss zu vergrößern. Ein junger Fanatiker, der einen Mordanschlag als Befreiungsaktion plant, ein misslungenes Attentat und eine fiktive Begegnung der beiden Königinnen, die den Machtkampf beenden soll, aber in einer Demütigung endet und in einem tödlichen Triumph. Für Schiller bestand die Herausforderung bei der Bearbeitung des Stoffes darin, „dass man die Katastrophe gleich in den ersten Szenen sieht, und, indem die Handlung des Stückes sich davon wegzubewegen scheint, ihr immer näher und näher geführt wird“.
Hausherr Herbert Föttinger wollte ja eigentlich seiner Maxime „Klassiker haben an der Josefstadt nie besonderen Anklang gefunden“ treu bleiben und keine typischen Klassiker mehr auf die Bühne bringen. Vielmehr setzt der Josefstadt-Visionär seit Jahren auf filmische Stoffe, alt wie neu, was vermehrt junges Publikum in das altehrwürdige Haus an der Josefstädter Straße zieht. Nun ließ der Josefstadt-Direktor aber aufgrund der aufregenden Inszenierungsidee Krämers dennoch Schillers „Maria Stuart“ – mit einem Mini-Ensemble aus sechs Personen – umsetzen. Und das war gut so. Bei Krämers „Stuart“ geht es, wie bei Schiller, nicht um die historischen Persönlichkeiten, sondern vielmehr um den Konflikt zweier großer Theaterdiven. Vorweg sei eines gesagt: Nach der gestrigen Premiere sollte man das Stück eigentlich umtiteln auf „Queen Elizabeth“. Denn Sandra Cervik stand an diesem Abend durch ihre großartige darstellerische Leistung definitiv im Vordergrund. So gab sie eine durchaus verletzliche, gequälte, verunsicherte wie auch humorvolle Regentin zum Besten. Ganz besonders stimmig ist der Beginn, als Cervik alias Elizabeth beinahe einen Hauch von Marilyn Monroe versprüht. Dabei geht sie so sexy wie zerbrechlich von der Bühne ab. Fast wirkt die ganze Szenerie wie aus einem Hitchcock-Klassiker. Stimmig die Kostüme von Isabel Glathar, stimmig die Vintage-Musik aus dem Plattenspieler. Überhaupt ist das ästhetische Bühnenbild von Herbert Schäfer sehr schön anzusehen. Die Bilder haben ihre Wirkung. Und plötzlich, ehe man sich versieht, kippt das ganze Spiel ein wenig ins Melodramatische. Die anfangs heitere Gelassenheit springt unvermittelt in nervenzerreissende Anspannung um. Weg ist der Monroe-Flair, jetzt sieht man Elizabeth, wie sie wirklich ist. Eine machthungrige Monarchin, die über Leichen geht und stolz ihre entblösten „Korsett-Brüste“ zur Schau stellt (Ein echter Hingucker). Ihrer ebenbürtig ist allerhöchstens Dudley, Graf von Leicester (sensationell: Tonio Arango).
(heute.at)
In Maria Stuart, einer Großtat der Weimarer Klassik, entsinnt man sich mit Schauern der Angstlust. In ihr krachen zwei Königinnen – Maria und Gegenspielerin Elisabeth I. von England – schmerzhaft aneinander. Schiller verpackt in den Zweikampf nicht nur den kalkulierten Gegensatz von kalter Urteilskraft und betörender Sinnlichkeit. Zwei stolze Frauen, auf der Höhe ihrer erotischen Mittel stehend, nehmen politisch aneinander Maß. Sandra Cervik spricht über den Einsatz ihrer königlichen Virginität („mein höchstes Gut“) als Einsatz im Ränkespiel um Lust und Macht. Diese hinreißende Elisabeth zeigt sich vor dem Spiegel selbst die Zähne – und spricht dabei aus Spaß wie eine Döblinger Kanzleiratswitwe. Cervik sorgt als Elisabeth für Beklemmungsmomente als Eiskönigin. Maria Stuarts (Elisabeth Rath) großer Auftritt, eine Art Best-of ihrer erhabensten Verse.
(Der Standard)
Günter Krämer hat in seiner Inszenierung die Zahl der handelnden Personen auf ein Drittel reduziert. Wenn die hohen Frauen das (fiktive) Aufeinandertreffen im Laub des Parks von Fotheringhay zelebrieren, beginnt ein Zickenkrieg wie bei Vorstadtweibern.
(Die Presse)
Schiller schuf zwei großartige Frauengestalten: Maria in überirdischer Schönheit zur Märtyrerin geläutert, Elisabeth als verdorrte, hasserfüllte Gefangene ihres Amts. Elisabeth Rath, die große Tragödin, kehrt als Maria Stuart auf die Bühne zurück. Sandra Cervik kämpft als Elisabeth imponierend gegen das ihr zugedachte Ungemach.
(Kronen Zeitung)
Vor dem Vorhang ist hinter dem Vorhang. Lautsprecherdurchsagen der Abendregie: „Beginn in fünf Minuten“. Ein Schauspieler in Polizeimontur fährt mit dem Staubsauger die Schaurampe ab. Klares Signal: Hier ist Klassikerentstaubung angesagt! Im Trauerspiel „Maria Stuart“ führt Schiller, zum Weinen schön, die in den „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen“ erörterte Dialektik vor: von Notwendigkeit und Freiheit, Sinnlichkeit und Vernunft, Einbildungskraft und Erkenntnisvermögen, Willkür und Gesetz, Natur und Kultur. Dieses zarte jambische Gespinst, eine symmetrische Konstruktion mit dem Zusammentreffen der Königinnen im Mittelakt, verträgt sanfte Kürzungen. Eine aufgedonnerte Zicke setzt sich vor den Schminktisch und probiert die Stimme aus: Bühnen- und Wiener Vorstadtdeutsch. Florian Carove, urkomisch im Tigermantel wie ein Zuhälter, stürzt mit einem Sektkübel in die Garderobe – oder ist schon Vorstellung?
(Wiener Zeitung)
Regisseur Günter Krämer ist ans Theater in der Josefstadt gekommen, um das berühmte Drama „Maria Stuart“ auf den Kopf zu stellen. Er zeigt einen gewagten Schiller-Remix mit starken Leistungen von Elisabeth Rath und Sandra Cervik.
(APA)