Ich unterteile neuerdings die Menschen in zwei Gruppen :
Die Eine sucht die Schuld an allem, was geschieht bei sich selbst, die Andere gibt sie stets ab. Woran es liegt, zu welcher Gruppe man gehört sollen die Psychologen entscheiden.
Ich fürchte, es entscheidet sich in der frühen Kindheit, ob man so oder so damit umgehen wird, was das Leben einem entgegenschmeißt. Die Folgen sind erstaunlich.
So erzählte ich unlängst meinem Bruder von meine Theorie. Er überlegte einen Moment mit gesenktem Blick und fragte mich schließlich: „Und zu welcher Gruppe gehöre ich?“
Er hatte sich die Antwort selber gegeben.
Ich bin mir bewusst, dass meine Theorie zu bäuerlich ist, um sich in der Welt der großen Worte durchzusetzen. Sie ist wahrscheinlich totaler Unsinn. Aber: sie zeigt Wirkung. Und das bedeutet, die „Schuld“ ist in der Welt. Sie wird nur sehr ungerecht verteilt.
Vor ein paar Tagen saß ich mit Freunden beim Essen. Ich erzählte von meiner Idee.
Ich wusste, dass mein Freund zur Gruppe der „Schuldabgeber“ gehört ( und möchte betonen, dass es in meiner Gruppierung kein GUT oder SCHLECHT gibt ).
Ich sagte :“ Ich gehöre zu Denjenigen, die alles Schlechte, was geschieht auf sich und das eigene Unvermögen zurückführen. Und die Konsequenz aus dieser Haltung ist, dass man ein Arschloch ist.“
Mein Freund antwortete: “ Aber mein Bester. Dafür hat man doch Freunde, die einen für ein Arschloch halten. Das muss man doch nicht selber tun.“
Wie Recht er hatte. Aus seiner Sicht gesehen. Mir wurde bewusst, dass ich mich in grundlegenden Fragen nur mit größter geistiger Mühe von meinem Wesen werde entfernen können. Ich glaube nicht, dass es zu einer „neuen Natur“ werden kann, was man an sich ändert, sondern ein mächtiger gedanklicher Kraftakt, der aufgebracht werden muss, um das eigene Verhalten in andere Bahnen zu lenken. Wenn ich locker lasse, wenn ich-wie beim Galopp- die Zügel aus den Händen gebe, werde ich zwangsläufig meiner ersten (und einzigen ) Natur folgen. Es ist demnach ein ständiger Aufwand, den ich betreiben muss, um mein Wesen zu zügeln, zu beherrschen, zu beobachten, zu bändigen, zu führen, zu kontrollieren.
Wie furchtbar. Wo mir doch ständig gesagt wird : Sei Du Selbst
Mach ich, aber werdet Ihr dann noch da sein? Ihr werdet es nicht mögen. Oder vielleicht sehr lieben, keine Ahnung. Ich weiß nur, jenes „Sei Du Selbst „ist im Grunde ein Gespenst, eine Rotweinphantasie (eine Schöne), ein Vorschlag, der sehr schnell bereut sein dürfte.
Ich bin Künstler. Guten Tag. Ich weiß, wovon ich schreibe. Ich schreibe vom“ Sei-Du-Selbst-Aber-Bitte-Nicht-Jetzt-Und-Nicht-Hier-Und-Nicht-So-Doll-und-überhaupt: Benimm Dich!“ Wenn Du „Du Selbst“ sein willst, geh‘ nach draußen. Vielleicht findest Du da Leute, die auch „Sie Selbst“ sein wollen. Wenn Du wieder normal bist, kommst Du an unseren Tisch zurück.
Kein Problem.
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